MC- Turbenthal
Interview mit Ernst Hauser, Turbenthal, 24.09.2020
Ich bin der Ernst Hauser, wohne in Turbenthal, Mitglied des Männerchors Turbenthal seit ungefähr 15 Jahren, dort Kassier. Seit es die Chorgemeinschaft Landenberg gibt, singe ich „deete“ mit, bin dort Fähnrich und Vizepräsident.
Grundsätzlich weil ich gerne singe, weil wir in der Schule viel gesungen haben, im Militär viel gesungen, im Turnverein viel gesungen, nicht immer vierstimmig, aber immerhin mit viel Freude, mit Begeisterung. Ich war in einer Jungburschenvereinigung, wo man nach den Versammlungen jeweils bis in den frühen Morgen gesungen hat. Das hat mir einfach gefallen. Warum in der Chorgemeinschaft Landenberg? Weil wir im Männerchor Turbenthal bestandesbedingt nicht mehr singen können, bin ich froh, dass wir mit der Chorgemeinschaft Landenberg ein Gefäss haben, in welchem wir den Chorgesang pflegen können.
Ich empfinde das Proben, wenn wir beginnen, an einem neuen Konzert zu arbeiten, manchmal als etwas mühsam, dann ist es eher Geselligkeit. Und wenn es dann auf das Konzert zugeht und das Konzert selber, dann ist es eindeutig der Auftritt und die Geselligkeit, die damit zusammenhängt.
Ich finde den Austausch untereinander wertvoll, wir kommen ja von ganz verschiedenen Orten her, ganz verschiedene Biografien, und das finde ich an sich spannend. Wir stellen dann auch fest, dass wir nicht immer gleicher Meinung sind, das gehört bei uns dazu, aber ich finde den gegenseitigen Austausch wertvoll. Wir haben natürlich nicht zu allen den gleich guten Draht. Bei den „einten“ ist das vielleicht etwas intensiver, auch ausserhalb des Chors, bis hin zu Freundschaften, und andere sind halt einfach Kameraden, mit welchen man ein gemeinsames Ziel verfolgt.
Fahnen, das kommt vielleicht auch von meiner Grundeinstellung, Lebensphilosophie her: Ich bin eher ein konservativer Mensch, darum hänge ich auch an Traditionen. Ich habe im Militär natürlich mit Fahnen zu tun gehabt, ich habe im Turnverein mit Fahnen zu tun gehabt, ich habe immer Freude, wenn ich einen Musikverein mit Fahne sehe, mit Mannschaft, die „hinedri“ marschiert. Für mich ist das einfach ein emotionales Symbol für Zusammengehörigkeit. Darum habe ich mich auch eingesetzt, als wir den Verein Chorgemeinschaft gegründet haben, dass wir eine eigene Fahne haben werden. Zum Identität stiften, das soll uns den Weg weisen in guten, aber vielleicht auch in traurigen Momenten.
Ich habe immer Freude, und da läuft es mir kalt „de ruggenab“, bei diesem Fahnengruss, wo man andere Vereine begrüssen darf, die auch noch traditionell ausgerichtet sind und eine Fahne haben. Dann „mitenand“ durchs Dorf laufen und „nochli zämehöckle“. Ich finde das eine wunderbare Tradition, und ich hoffe, dass wir die in die Neuzeit hinüberretten können.
Mein schönstes Erlebnis im Chor generell war das Konzert vor zwei Jahren. Die standing ovation in der Kirche Turbenthal, in meiner Kirche, das war grossartig. Ein zweites Highlight ist Kirchberg in Tirol, das internationale Sängertreffen. Mit der Fahne war natürlich das Highlight die Fahnenweihe, im Rahmen des angesprochenen Konzerts in Turbenthal.
Für mich ist Singen ein grossartiges Teamwork. Ich habe erst angefangen zu singen, etwas bewusster, nachdem ich nicht mehr politisch tätig war. Dort habe ich gelernt, wie wichtig es ist, dass man „ufenand loset“. Die eigene Stimme ist schon wichtig und dass man den Ton und den Text trifft, aber ich habe gelernt, dass es wahnsinnig wichtig ist, auch zuzuhören, wie die anderen singen, innerhalb der eigenen Stimme, aber auch innerhalb des ganzen Chors. Das finde ich ein schönes Erlebnis, und das war auch, was ich gesucht habe, nachdem ich im Gemeinderat aufgehört hatte: ein weiteres Teamwork, und das ist der Chor in einem hohen Mass.
Für mich hat der Chorgesang in der Schweiz eine Zukunft, das ist ganz klar. Aber man könnte das noch befeuern und befördern, indem man in der Schule wieder mehr singen würde.
Wenn ich zurückdenke, das waren Momente, die einen geprägt haben. Am Morgen, bevor man angefangen hat, „im bank ine ufstah“ und dann hat man gemeinsam „Ein froher Morgen ohne Sorgen“ oder irgend so in den Tag gestartet.
Früher haben wir auch in der Familie zusammen gesungen. Heute ist das wahrscheinlich eher weniger der Fall. Die Zukunft, so hoffe ich zumindest, wird eine gute sein für das Singen, weil es einfach Freude macht, es befreit, und es schweisst auch zusammen, wenn man in einem Ensemble singen kann.
Aber ich bin zuversichtlich, dass wir mit unseren wirklich sehr guten Auftritten, mit diesem Dirigenten, der uns ja fordert und fördert und uns auch immer wieder motiviert und „ufstellt“ mit seinem schalkhaften Gehabe. Er macht das „eso“ unbeschwert, fast lausbubenhaft, und korrigiert penetrant Details, die ich gar nicht höre – aber er „ghörts“ mit seinem Gehör. Und er korrigiert nie verletzend. Er macht immer irgend „en spruch drumume“, aber man weiss, dass es eigentlich ernst gilt. So hoffe ich, dass es uns gelingt, wieder jüngere Kameraden zu motivieren, bei uns mitzusingen. Dann, denke ich, kann ich dereinst die Fahne getrost weitergeben.
Ich wünsche dem Männerchor Wila zum 175.sten eine würdige Jubiläumsfeier und dann einen Entscheid „wie weiter?“ Wollen wir den Verein weiter bestehen lassen, eine Diskussion, welche wir im Männerchor Turbenthal auch führen, oder haben wir jetzt mit der Chorgemeinschaft Landenberg ein gutes, tragfähiges Gefäss, wo wir sagen können: „Jetzt simmer halt im Landeberg diheim“.
Alle unsere Nachbarchöre haben ja gleiche Bestandesprobleme, und wenn das das Überleben des Chorgesangs mit dem Auftun des Einzugsgebietes sichern kann, dann finde ich das absolut wünschenswert.
Aufgrund meiner Herkunft waren es eher Soldatenlieder, welche wir halt im Militär gesungen haben, auswendig. Wenn man nachts unterwegs war, „Die Nacht ist ohne Ende“, oder, kein Licht zum Notenlesen. Das mich schon sehr geprägt, die kann ich zum Teil heute noch, wenn ich den Strophenanfang habe. Dann mehr „sochli“ auch Lumpenlieder, aber da im Chor jetzt auch die „Deutsche Messe“, das ist natürlich grossartig. Meine Sympathien sind etwas weggekommen von den Soldatenliedern zu klassischer Literatur.
In der Deutschen Messe gibt es Stellen, wo es mir heute noch kalt den Rücken hinabläuft, wenn ich die singe. Wegen der Musik und wegen dem Text, das sind für mich fast wie Gebete, und das ist berührend und wirklich schön. Wenn man das als Chor rüberbringt und merkt, es kommt beim Publikum an, eben die standing ovation, das ist grossartig.
Wir haben ja das grossartige Hilfsmittel mit diesen Musikdateien, welche Fredi Baumgartner ja in unglaublicher Fleissarbeit erstellt. Ich brauche diese sehr viel und ich wünsche mir, dass alle Sängerkameraden diese vielleicht nicht gleich viel, aber doch ab und zu hören würden. Da habe ich „mängmal“ den Eindruck, dass da ein grosses Potenzial brachliegt, wenn man sich da im „home-singing“ etwas weiterbringen würde.