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MC- Wila

Interview mit Markus Weber, Wila/Ottenhub, 22.09.2020

 

Ich heisse Markus Weber, bin Präsident des Männerchors Wila, schon seit 2014. Es freut mich sehr, dass ich Präsident dieses Vereins sein darf. Ich singe im Verein selber schon seit 30 Jahren. Singen macht mir natürlich Freude, das ist klar, ich gehe gern „go singe“. Früher als Bub wollte ich immer instrumentalische Sachen machen, das hat aber einfach „nöd glanget“, da man das damals nicht gemacht hat. Heute gehe ich singen und bin sehr, sehr froh, dass ich in einem Chor singen kann.

Ich gehe auch gern wegen der Geselligkeit, dass man sich austauschen kann – auch mit anderen Leuten, welche nicht in derselben Berufsgattung sind. Man kommt auf andere Themen, hört auch von anderen Problemen, das tut einem immer wieder gut. Selbstverständlich mit einem Bier noch, das tut einem gut. Das tut der Seele gut, und man ist wieder neu motiviert für den Beruf, für den Alltag.

Die Chorreisen waren für mich immer wie so ein Höhepunkt. Auch die Sängerfeste waren Höhe-punkte, selbstverständlich. Aber die Reisen waren gesellschaftlich dann „no chli meh“, dort hast du „mitenand“ wirklich auch mal zwei Tage verbracht oder sogar 3, 4 Tage. Das sind dann „gueti sache“ gewesen für „echli umechoo“ und anderes sehen und so weiter, gesellschaftlich vor allem.

Als Präsident musst du einfach etwas umsichtig sein, was der Chor in der Zukunft machen könnte, wo er auftreten könnte, wo der Chor sich präsentieren könnte. Das war mir einerseits wichtig, dass das in der Gemeinde „spilt“, dass wir bekannt sind in der Gemeinde, dass wir auch etwas Geld erhalten, um unseren Verein auch finanziell aufrecht zu erhalten. Ich habe es nicht unbedingt gesucht, aber weil wir ein kleiner Verein sind, lag es auch mal an mir, das Präsidium zu übernehmen.

„Mich dunkt’s“, eine Fahne gehört zu einem Verein, einerseits ist es Tradition und andererseits motiviert sie einen Verein etwas und hält ihn zusammen.

Wenn ich in der Natur draussen bin, habe ich ein ganz anderes Gefühl, als wenn ich in einem Haus oder einer Wohnung bin. Ich bin freier, ich bin näher beim Schöpfer oder wie man das auch „wetti säge“. Beim Singen ist das ähnlich, ich bin frei, ich fühle mich „wiene bitzli“ näher bei der Schöpfung. Wie das dann aussieht, das kann ich nicht näher beschreiben, aber irgendwie fühle ich mich näher dort.

Zusammen gibt eine Stärke, wenn wir miteinander singen, es gibt eine Einheit, gegen aussen verkörpern wir eine Einheit und eine Stärke. Das gibt mir auch Mut, da mitzumachen und meins beizutragen.

Eigentlich würde ich dem Männerchor Wila wünschen, dass er noch lange selbstständig sein kann. Im Moment ist auch das Wachstum des Chors nicht da, von jüngeren Sängern, und so sind wir gezwungen zu fusionieren oder haben fusioniert. Das ist eigentlich etwas schade, aber wünschen würde ich mir, dass der Männerchor Wila nochmals 25 Jahre oder noch länger bestehen würde.

Chorsingen wird in der Zukunft noch bestehen. Im Moment hat man nicht das Gefühl, aber es könnte ganz anders aussehen, wenn sich die Situation weltweit „echli“ ändert. Dass die Leute wieder mehr aufeinander zukommen, dass das Chorsingen wieder einen ganz anderen Stellenwert hat. Wir sehen das vielleicht schon bei den Liedern der Jodelchöre, dass Jüngere das wieder gern machen. Es könnte durchaus sein, dass Chorgesang auch in Zukunft wieder mehr Bedeutung hat, weil die Geselligkeit und das Zusammensein für den Menschen doch sehr wichtig sind.

Freude zum Singen fängt ja schon beim Kind an, in den Schulen, und das vermisse ich „es bitzeli“ in den Primarschulen. Ich glaube, da haben die Lehrer gegenüber früher „es bitzeli naaglaa“.

Das schönste Erlebnis in diesem Chor war für mich, als wir das 150-Jährige feiern konnten. Es war eigentlich eine ganz schöne Feier. Ich hatte das Gefühl, da waren wir getragen vom ganzen Dorf, von der ganzen Dorfbevölkerung, und das hat einen sehr stolz gemacht.

Ich persönlich lebe dabei auch gesellschaftlich, das ist mir auch sehr wichtig, dass ich das erlebe. Nur Singen kommen und an irgendeinem Auftritt eine Leistung bringen, dann wäre ich nicht mehr im Chor. Ich brauche das Gesellschaftliche, und ich habe das Gefühl, auch meine Mitsänger schätzen das sehr, dass man „es gschpröch ha“ kann und nachher „mitenand“ ein Bier trinken kann.

Damit ein Probenbesuch gut ist, braucht es interessante Lieder, einen Dirigenten, der das gut rüberbringen kann, so dass die Sängerinnen und Sänger zum Singen motiviert sind.

Es ist ganz klar, mit dem jetzigen Dirigenten ist ein professioneller, richtiger, guter Dirigent da, der uns motivieren kann. Er geht auch Sachen an, welche für mich jetzt relativ schwere Lieder sind, aber mit ihm kann man das „meischtere“. Vorher hat man „echli“ einfachere Lieder gesungen, es ist auch gegangen, und auch mit diesen Dirigenten hat man etwas erreicht, aber wir sind nicht ganz so schwere Lieder angegangen wie jetzt. - Ich glaube, das Potenzial im Chor ist grösser, als wir es persönlich einschätzen. Der Philip hat das „aaschinend echli“ gemerkt und weiss, wo und wie er uns schulen muss, und das ist natürlich für uns eine gute Voraussetzung zum schön singen und gut singen und so auch Freude am Singen zu haben.

(Interview: Wolfgang Wahl, Ortsmuseum Wila)

 

Interview mit Willi Waldvogel, Wila, 17.12.2019


Ich heisse Willi Waldvogel, bin seit 1937 in Wila wohnhaft, habe vor ca. 15 Jahren den Be-trieb dem Jungen übergeben, die anderen Kinder, zwei Mädchen und zwei Buben, sind alle wohnhaft in Wila. Ich bauere. Ich war im Männerchor Wila, damals noch Wila, „öppe 47 Jahr“, ich glaube, der Ernst Jucker hat mich geholt in den Männerchor. (Ernst Jucker war Verwalter für die Landwirtschaftliche Genossenschaft Wila respektive seine Frau, Hanni Lüssi, die hat die Buchhaltung gemacht.) Bis vor etwa drei Jahren war ich im Männerchor Wila. Später hat man den ja umgewandelt in Chorgemeinschaft Landenberg. Er konnte mich dazu bewegen, dem Männerchor beizutreten. Es ging eher um Geselligkeit, das Singen ist eigentlich erst mit den Jahren gekommen. Anfänglich war ich kein guter Sän-ger, ich bin heute noch kein „Starsänger“. Aber man ist einfach „dezue cho“ und ist dabei geblieben jahrzehntelang. Ich war dort auch noch einige Jahre Präsident, im Männerchor [1981-1987]. Reisen haben wir auch gemacht, auf dem Vierwaldstättersee mit dem Schiff. Ja, der Dirigent Brändli. Der war ein herzensguter „Kärli“, mit dem konnte man über alles reden, er ist auch mal zu einem „häreghockt“ und hat gefragt, wie geht‘s, „wie häsches“? Ich wünsche [dem Männerchor Wila] zum Geburtstag mehr Mitglieder, ein halbes Dutzend oder mehr. (Interview: Wolfgang Wahl)

 

 

Jubiläumsrede

gehalten bei Anlass der Fahnenweihe des Männerchors Wyla am 6. Oktober 1895

 

Jubiläumsrede

gehalten bei Anlass der Fahnenweihe des Männerchors Wyla am 6. Oktober 1895

Von Joh. Jucker, Stiker in Wyla, zur Zeit 23 Jahre, Aktivmitglied des Vereins

Sängerbrüder, Sängerfreunde!

Jahre kommen, Jahre fliehen über unserm Singen hier, Freude wechselt stets mit Leid; doch wir singen in Leid und Freud. Freund um Freund wir altern sehn, doch der Gesang bleibt jung und schön, eins ums andere heimwärts zieht, doch nicht scheidet das treue Lied. Es hat der Dichter dieser Worte wahr gesprochen, denn schon 50 Jahre haben sie sich an unserm Chor als lautere Wahrheit erwiesen.

Fünfzig Jahre ist eine lange Spanne Zeit, deshalb wird es dem Männerchor wohl vergönnt, einmal einen Augenblick still zu stehen, über sein Leben und Wirken in den entschwundenen Jahren.

Der Grundstein zum Männerchor Wyla wurde im Jahr 1845 gelegt. Auf Anregung des damals noch jungen, rüstigen Lehrers Joh. Heinrich Rüegg, gebürtig ab der Eich, taten sich in unserm Dorfe eine Schaar Männer und Jünglinge zusammen, mit dem vorgestekten Ziel, den ehrbaren Männersang zu pflegen und das gesellschaftliche Leben zu fördern. Diese Vereinigung nannte sich dann Singgesellschaft Wyla. Leider fehlen uns weitere Angaben über die Gründung, aber so viel ist klar, dass zu jener Zeit das Wort noch mehr Wert hatte als heute, denn sonst hätte diese Vereinigung ihr Leben nicht volle drei Jahre ohne Statuten und Protokolle fristen können.

Am 19. August 1848 sind die ersten Statuten genehmigt und unterzeichnet worden und einen Vorstand von 3 Mitgliedern, bestehend aus Dr. Isler, Präsident, J. Jakob Rüegg, Vizepräsident und Kassier, und J. Heinrich Rüegg, Schreiber und Gesangführer, gewählt. Mit diesem war nun die Singgesellschaft oder, wie sich abwechselnd nannte, der Männerchor gefestigt. Tüchtig wurde gelernt und gearbeitet, Gesangaufführungen wurden veranstaltet, gesellschaftliche Zusammenkünfte haben stattgefunden und kleinere Ausflüge nach Bärentsweil und Kyburg gemacht. Aber all diese Abwechslung genügte den damals lernbegierigen Sängern nicht. Als ächte Kämpfer für den ehrbaren Männersang wollten sie ihre Kraft und ihr Können auch mit andern Vereinen im Wettkampf erproben.

So zogen sie dann zum erstenmal im Jahr 1850, gewappnet und mit neuer Fahne ausgerüstet, zum Sängerfest nach Pfäffikon, wo sie dann einen glänzenden Sieg errungen hatten. 1852 besuchte der Männerchor das Sängerfest in Illnau, wo sie ein[en] Quartettgesang vorgetragen haben, welcher allgemein belobt wurde. 1854 wurde vereint mit dem Männerchor Wildberg ein vom herrlichsten Wetter begünstigter Ausflug auf den Bachtel gemacht. 1855 nahm er wieder am Sängerfest in Pfäffikon teil und löste auch da seine Aufgabe in musterhafter Weise. 1856 machte der Männerchor eine Reise nach Frauenfeld, welche so günstig ausfiel, dass viele Sänger es vorzogen, von jetzt an lieber die Naturschönheiten des Vaterlandes zu betrachten, als jährlich wiederkehrend im Wettkampf mit andern Vereinen zu ringen. 1857 wurde eine Reise nach St. Gallen ausgeführt und 1859 besuchten sie das eidgenössische Schützenfest in Zürich. Schön war allerdings das jährlich wiederkehrende Wandern, aber dem Verein hat es wenig genützt, denn gegen Ende des Jahres 1859 war die Mitgliederzahl bis auf 5 zusammengeschmolzen.

Zu Anfang des Jahres 1860 wurden die Statuten revidiert, den damaligen Verhältnissen angepasst und ein Aufruf an sämtliche Sängerfreunde erlassen, welches zur Folge hatte, dass sich wieder eine stattliche Zahl um das Sängerbanner Wyla scharte, die Statuten unterzeichneten und somit der Gesang wieder aufgenommen werden konnte. Gar bald fühlte sich der Verein so erstarkt, dass er gegen Ende benannten Jahres den Beitritt zum Bezirksverband erklärte und sich im folgenden Jahr 1861 am Sängerfest in Illnau beteiligte und einen glänzenden Sieg davongetragen hatte. 1863 wurde das Sängerfest nicht besucht, aber dafür eine Reise gemacht und zu diesem Zweck der Kasse 120 Fr. entnommen. Das Ziel dieser Reise ist mir leider unbekannt, auch ist dasselbe nicht im Protokoll vorgemerkt. 1865 wurde wieder das Sängerfest in Bauma besucht. Mit reich geschmückten Wagen, dessen Dekoration 50 Fr. gekostet, zog diesmal der Männerchor zum Feste nach Bauma. Aber trotz Flitterglanz hatte ihn die Siegesgöttin diesmal nicht gewollt, denn unmittelbar nach dem Feste war Zwist und Streit entstanden, welches viele Mitglieder bewog, dem Verein den Rüken zu kehren. Gegen Ende des Jahres wurde dem Bezirksverband die Entlassung eingereicht und diesem folgte dann eine grosse Pause.

Den 30. August 1867, nachdem der Männerchor 2 volle Jahre geruht hatte, versammelten sich die noch vorhandenen Mitglieder, 8 an der Zahl, um zu beraten, auf welchem Weg ein grösserer Männerchor zu Stande [zu] bringen sei. Es wurde ein Circular in Umlauf gesetzt, auf welches sich 14 Sänger unterzeichneten und somit von da an wieder gesungen werden konnte. Bis zum Jahr 1872 wurde so, wie man sagt, für den Hausgebrauch gesungen, und da es die Kasse gestattete, noch im gleichen Jahr eine Reise auf den Rigi gemacht und das schöne Panorama in Natur betrachtet. 1873 wurde Kyburg zu 2ten mal besucht und 1875 eine Reise ins Bündtnerland unternommen, wo man das schöne Ragatz, das romantische Bad Pfäfers, die in der Taminaschlucht liegenden Heilquellen besuchte und sich zuletzt im herrlichen an der Plessur gelegenen Chur beim ächten Veltliner gut amüsierte. Im gleichen Jahr wurde auch der erste von Winterthur kommende Bahnzug, bestehend aus zwei umkränzten Lokomotiven und 22 vollgestopften Wagen durch den Männerchor in festlicher Weise empfangen.

1877 wagte sich der Verein bis zu den Bikelhauben, indem er, die neuerbaute Nationalbahn benutzend, das alte Städtchen Singen und die Burgruine Hohentwiel besuchte. 1879 wurde eine Wallfahrt nach Einsiedeln unternommen. Allerdings hatte man die Füsse nicht mit Erbsen geplagt, auch wurde nicht gebeichtet, dafür aber die Schätze des Klosters mit Bewunderung betrachtet. Vom herrlichsten Wetter begünstigt, wurde 1882 der Rigi zum 2ten mal erstiegen und seine herrliche Aussicht mit Entzüken geschaut. Im Frühjahr 1884 quittirte Lehrer Rüegg den Schuldienst, legte gleichzeitig den Dirigentenstab, welchen er volle 39 Jahre über dem Männerchor geschwungen, nieder und trat dann in den wohlverdienten Ruhestand zurük. An seine Stelle trat nun der von der Schulgemeinde an unsere Schule berufene Lehrer Heinrich Amstein von Wyla. Mit diesem Antritt war neues Leben im Verein erwacht. Obschon Amstein über eine etwas schwache Stimme verfügte, so hat er es doch verstanden, den Männerchor auf gesunder Höhe zu halten. Unter seiner Leitung wurde 1884 die Ebenalpreise ausgeführt.

Einige gesellschaftliche Zusammenkünfte mit dem Männerchor Blittersweil haben 1885 stattgefunden. Auch wurde unter seiner Leitung jenes schöne dramatische Schauspiel „Die Schweizer in Amerika“, an welchem sich eine grössere Anzahl Männerchoristen beteiligten, in sehr gelungener Weise aufgeführt. Leider konnte man diesen tüchtigen Lehrer nicht lange an unserer Spitze sehen. Wie es im Sprichwort heisst, „der Prophet ist nicht geachtet im eignen Lande“, so mag wohl Amstein gedacht haben, denn nach Verfluss von 2 Jahren im Frühjahr 1886 reichte er seine Entlassung ein und folgte einem Ruf nach Ossingen, wo er gegenwärtig noch als tüchtiger Lehrer seines Amtes waltet. Zum Glück wurde dann vom Erziehungsrate eine junge tüchtige Kraft in Person des Lehrer[s] Heinrich Huber an unsere Schule abgeordnet. Zuerst etwas schüchtern, hat Lehrer Huber die Dirigentenstelle angenommen, um aber seines Amtes Herr zu sein, absolvierte er einen Gesangleiterkurs, genoss nebst dem noch weitere Musikstudien, so dass der Männerchor in kurzer Zeit wieder einen tüchtigen Dirigenten an seiner Spitze hatte.

Es wuchs der Verein zusehends, es wurde gesungen und musiziert, einige gelungene Concerte wurden aufgeführt, sogar noch die Vereinsnarren gespielt. Es hatte sich der Verein so stark gefühlt, dass er es wagte, im Jahr 1887 nach langen 22 Jahren wieder einmal in den Wettkampf zu treten, indem er am Sängerfest in Bauma nebst 27 Chören teilgenommen hat. Lorbeeren wurden allerdings keine ersungen, aber immerhin ward ihm die Note „Befriedigend“ zuteil. Noch im gleichen Jahr wurde jene schönste aller Reisen über den Clausenpass ausgeführt, welche aber trotz ihrer Schönheit dem Verein arg mitgespielt hat. Denn, als die Kasse auf ihr statutarisches Minimum gesunken, erklärten etliche Mitglieder ihren Austritt, welches den Verein derart schwächte, dass der Dirigent selbst beantragte, es möchte der Männerchor sich auflösen und in Verbindung mit dem damaligen Töchterchor einen Gemischtenchor gründen. Zum Glück hatte aber der Männerchorgesang in den noch vorhandenen Mitgliedern so tief Wurzeln gefasst, dass der Antrag des Dirigenten in Ungnade fiel und der Männerchor, wenn auch schwach an Kraft, doch fortbestanden hatte.

Nach Verfluss von 3 Jahren im Frühjahr 1889 reichte auch Huber seine Entlassung ein und folgte einem Ruf nach Veltheim, wo ihm, wie man sagte, eine besser besoldete Lehrstelle offen stand und wo er gegenwärtig noch seines Amtes waltet. Da die Zeit zu kurz war, um die Schule durch Berufung zu besetzen, so hoffte man, es werde der Erziehungsrat wieder eine tüchtige Kraft an unsere Schule abordnen. Aber diesmal sind unsere Hoffnungen zu Schanden gemacht worden. Es wurde uns in Person des Robert Dünki von Embrach ein Lehrer zugeteilt, der wohl eher in eine Kanzlei als in die Schulstube gepasst hat. Gewohnheitsgemäss wurde auch diesem die Dirigentenstelle angetragen, welche aber von demselben rundweg abgeschlagen wurde. Es hatte somit der Verein keine andere Wahl, als den Vizedirigenten, Heinrich Bühler von Wyla, welcher schon seit dem Jahr 1878 dem Verein öfters gute Dienste geleistet, als erster Dirigent zu wählen. Unter seiner Leitung wurde dann eine Anzahl schöne Lieder, welche heute noch, wenn sie gesungen, mit Spannung belauscht werden, gelernt. Noch im gleichen Jahr wurde der schöne Aussichtspunkt Nollen besucht und 1890 das schöne Appenzellerland zum zweiten Mal bereist.

Im Frühjahr 1891 fand dann die Gemeindeschulpflege für nöthig, an unserer Schule Wandel zu schaffen, indem sie der Gemeinde beantragte: Es sei unsere Schule durch Berufung definitiv zu besetzen. Dieser Antrag wurde genehmigt. Man ging auf die Suche und fand dann zur Freude der ganzen Gemeinde einen tüchtigen Lehrer für unsere Verhältnisse passend in der Person des jetzigen Lehrers Johannes Hess von Wald. Im April 1891 hat dann Herr Hess seinen Einzug in hier gehalten und wurde derselbe mit dem gleichen Festgruss durch den Männerchor begrüsst, mit welchem wir heute unsere geehrte Pathen Sektion Turbenthal begrüsst haben. Schon in der ersten darauffolgenden Übung reichte Bühler seine Entlassung als Dirigent ein, im vollen Bewusstsein, dass wieder eine tüchtige Kraft an unserer Schule amte, welche auch im Stand sei, den Männerchor in gebührender Weise zu leiten. Ungern hatte man Bühler entlassen, da er aber auf seinem Rüktritt beharrte, so wurde Herr Hess als Dirigent gewählt. Mit Freuden hatte dieser die Leitung des Männerchors übernommen und mit Gewissenhaftigkeit, Treue und schonender Rüksicht gegen alle Mitglieder seines Amtes gewaltet. Unter seiner Leitung hat der Verein dann wieder etwas zugenommen, und dass er unter guter Führung stand, davon hat die Bundesfeier genügenden Beweis geleistet.

Ferner wurde unter seiner Leitung 1892 ein Ausflug auf den „Feusi“ im Kt. Schwyz ausgeführt. Leider ist dann dieser Dirigent im Herbst 1893 durch einen schmerzhaften Verlust heimgesucht worden, welcher ihn derart niederstimmte, dass er den Taktstok des Männerchors niederlegte, aber dennoch bekümmert um den Verein für eine tüchtige Stellvertretung sorgte. Bis ins Frühjahr 1894 hat dann der Stellvertreter, Herr Sec.-Lehrer Aliesch den Männerchor geleitet, und da bei den Neuwahlen Herr Hess eine allfällige Wahl ausschlug, so wurde Herr Peter Aliesch als unser Dirigent gewählt, welcher nun bis heute dem Männerchor in würdiger Weise vorgestanden ist. Über die Leistungen will ich keine Kritik üben, dass aber der Verein auch heute unter guter Leitung steht, davon mag der heutige Tag zeugen.

Geehrte Anwesende!

Es hat aber der Männerchor nicht weltlichen Vergnügen nachgejagt, sondern auch reges Intresse auf kirchlichem Gebiete gezeigt. Er hat im Jahr 1851 den damals neugewählten Pfarrer Sigmund Wilhelm Fäsi von Zürich in Pfäffikon abgeholt und ihn würdiger Weise begrüsst und empfangen. Im Jahr 1855 ist durch ihn unter Mithilfe des damaligen Stillstandes und der Gemeinde der neuerbaute Friedhof festlich als Ort der Ruhe und des Friedens geweiht worden. 1882 hat er sich mit regem Intresse an der festlichen Einsetzung unseres gegenwärtigen Herr Pfarrers Schneebeli beteiligt und 1889 ist auf seine Anregung ein grösseres Concert zu Gunsten des neuen Geläutes veranstaltet worden. Ferner sind die Jahresschlüsse mit wenig Ausnahmen auf seine Anordnung hin festlicherweise begangen worden. Unzählige Male hat er den festtäglichen Gottesdienst mit passenden Gesangsvorträgen gewürdigt. Manchem Sänger und Sängerfreund, der beim Traualtar gestanden, die Trauungsfeier durch Gesang verschönt und jedes Mitglied, das auf unserm Friedhof ruht, im Gesang geachtet und geehrt.

Fünfzig Jahre ist eine lange Spanne Zeit, es hat der Männerchor in diesen Jahren viele freudige, fröhliche, aber auch viel ernste und traurige Stunden erlebt und erfahren. Freudige Stunden waren es wohl, wenn er zum Feste gezogen und gewappnet in dem Wettkampf gestanden und dann mit dem Sieg gekrönt wieder in sein friedliches Heim zurükkehren konnte. Fröhliche Stunden waren es, wenn er auf Reisen gegangen, Städte, Fleken und Dörfer durchwandert, Sitten, Gebräuche und Künste der Menschen betrachtend, oder wenn er Berge erstiegen und auf hoher Felsenwand die wunderschöne Natur andächtig beschauend und unter freiem Himmel die wohltuende, reine Alpenluft einathmend ein schönes Lied zur Ehre Gottes sang.

Ernste Stunden waren es, wenn Lauheit eingetreten, wenn Zwist und Streit entstanden, wenn dann Austritt um Austritt erfolgt und dem Verein, was öfters vorgekommen ist, gänzliche Auflösung drohte. Traurige Stunden waren es, ganz besonders, wenn ein lieber Sänger den Männerchor verlassend in die Fremde gezogen oder wenn ein theures Mitglied, einem höhern Ruf folgend, das zeitliche Leben mit dem Jenseits vertauscht, wenn dann der Männerchor, dem lieben Heimgegangenen die ewige Ruhe gönnend, in tiefer Trauer am Sarge gestanden und zu Ehren des theuren Entschlafenen sein letztes Lied gesungen. Viele sind heimgegangen im Zeitraum von fünfzig Jahren, es wird einem sonderbar zu Muthe, wenn man die Mitgliederverzeichnisse durchgeht und sehen muss, wie da vor vielen Namen Kreuzlein zu setzen sind, darunter viele, welche dem Alter nach heute noch in voller Kräftigkeit dastehen und sich mit uns freuen könnten.

Es würde zu weit führen, all diese Namen zu nennen, aber dennoch sei mir gestattet, hier jenes Mannes zu gedenken, dem nicht nur der Männerchor, sondern auch die ganze Gemeinde noch grossen Dank schuldet. Jener Lehrer, welcher 47 Jahre die Jugend unserer Gemeinde gelehrt und unterrichtet, jener Dirigent, welcher 39 Jahre den Taktstok über unserm Chor geschwungen – auch er ist heimgegangen, still und unbeachtet. In aller Einfachheit hat man ihn bestattet, obschon ihm mehr Ehre gebührt hätte als manchem König, in aller Stille hat man sein müdes Haupt zur ewgen Ruh gebettet, nicht einmal dem Männerchor, dessen Mitglieder die Mehrzahl seine eignen Schüler gewesen, war es vergönnt, ein ehrbar Lied an seinem Grab zu singen!

Dank sei ihm heut gesagt von seinem Schüler, denn gute Lehren hat er ihm erteilt und guten Samen in sein Herz gestreut! Dank sei ihm auch gesagt im Namen des Männerchors, denn er hat ein schönes Werk gegründet, ein Werk, das trotz dem Wechsel der Zeiten nicht verloren gegangen; ist auch der Einband morsch geworden, so ist der Inhalt doch geblieben, durchgesehen und verbessert ist er in erneuter Auflage erschienen und heute in einen neuen Einband gebunden worden, auf dessen Vorderseite geschrieben steht Männerchor Wyla 1895, und auf der Rükseite das feierliche Gelübde: „Dem Wahren, Guten, Schönen soll unser Sang ertönen“. Ein schönes Gelübde hat sich der Männerchor gegeben, möge er dasselbe allezeit wahren und demselben immerdar treu bleiben.

Dank sei aber auch noch gesagt all unsern Vorfahren, denn mit Liebe haben sie den ehrbaren Männersang gepflegt, mit gutem Beispiel sind sie uns vorangegangen, so dass auch wir Liebe für das schöne Ideal empfunden und die Lüken, welche unsere Vorfahren hinterlassen, wieder ausgefüllt haben. Also wollen auch wir fortan den ehrbaren Männersang mit Liebe pflegen, mit gutem Beispiel vorangehen der heranwachsenden Jungmannschaft, auf dass auch diese einst Liebe für dieses schöne Ideal empfindet, und die Lüken, die wir einst, sei es nach kurzer oder langer Zeit, hinterlassen, ausfüllen wird, damit der Männerchor abermals leben möge fünfzig Jahr.

O Männersang, welch herrlich Wort! Begeistere du uns fort und fort! Dem Edlen, Wahren, Guten, Schönen lass kräftig unser Lied ertönen. Zu dem zieh mächtig uns empor, so leb noch lang, du Männerchor!

 

17.07.2020/Wa